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Porgo Tagträumer

Porgo Tagträumer

Wie wollen wir entscheiden, wohin wir gehen,
wenn wir nicht wissen, woher wir kommen?

Sonniger Sonnentag

Veröffentlicht von Administrator am 31.10.2004

Tagebuch >> Mittelerde

In den Garten vor meinem Häuschen scheint die Sonne.
Auf meiner Bank genieße ich die letzten Abendstunden des Oktobers und sinniere über den Verlauf der letzten Wochen.
Die Anstellung im Haus des Thain und der Einzug in meine eigene kleine Halle in Buckelstadt haben mir wenig Zeit dafür gelassen, die Geschehnisse seit dem Verschwinden von Herrn Nostrok aufzuschreiben.

Nachdem meine wenigen Klimpermünzen für Essen und Trinken beinahe aufgebraucht waren, war ich gezwungen mich irgendwo zu verdingen. Frau Ganni hörte ich im Gastraum eines Abends mit einem jungen Mann über die Unordnung in der Bibliothek des Großsmials sprechen. Als sie mein Geschirr abräumte sprach ich sie darauf an und sie versicherte mir, dass sich schon seit vielen Jahren niemand mehr um die Sortierung und Pflege der Bücher in der Bibliothek kümmere und der Thain jemanden suche, der diese Aufgabe übernehmen könne. Die meisten Hobbits im Auenland gingen jedoch bereits einer Tätigkeit nach. Seien es die Handwerker oder die Bauern, die ihre eigenen Felder bestellen, die Postboten oder die Musikanten.
Ich fragte sie noch nach dem Weg zum Großsmial und bedankte mich für die Auskunft.

Am darauffolgenden Tag packte ich meine wenigen Habseligkeiten zusammen und machte mich zu Fuß auf den Weg nach Buckelstadt. Es war Anfang Oktober und recht trocken, so dass ich gut vorankam. Die Nacht verbrachte ich ungestört am Rande eines kleinen Wäldchens östlich von Wegscheid.
Am nächsten Tag um die Mittagszeit erreichte ich Buckelstadt, überthront vom Großsmial am Südhügel, dem Ziel meiner Wanderung. Über eine tiefe Schlucht führte eine hölzerne Brücke auf den Eingang des in den Hügel eingelassenen Smials.
Auf mein Klopfen hin wurde mir von einem kleinen Jungen die Tür geöffnet. Ich stellte mich höflich vor und fragte nach dem Herren des Hauses. Der Junge lachte und meinte: "Das Haus gehört doch uns allen." Daraufhin verschwand er hinter mir durch die Tür nach draußen.
So ließ ich meinen Blick durch das Haus schweifen.
Vor mir lag eine tiefe Höhle. Mit dunklen Hölzern verkleidete Wände zogen sich tief in den Hügel. Rechts und links gingen unterschiedlich beschriftete Türen ab. Auf der mir nächsten auf der rechten Seite stand "Postdienst Südviertel". Links dann passend der Postdienst fürs Ostviertel. Die nächsten beiden Türen waren dann die beiden Postdienste für die restlichen Viertel. 
Danach kam ich auf eine Kreuzung. Hier gab es einen Wegweiser. Rechts ging es zu Festkommittees und irgendwelchen Handwerksstreitschlichtern. Der linke Gang führte zum Büro des Thains und seines Vertreters sowie zum Heiratsvermittler. Geradeaus sollte es zur Bibliothek und zum Aussichtsplatz.

Um mir einen Überblick zu verschaffen, verhieß der Aussichtsplatz doch einen guten Anfang. Als wendete ich mich erst einmal nicht nach links zum Thain ,sondern folgte dem Weg tiefer in den Hügel hinein.
Hier gab es keine Türen mehr. Erst ganz am Ende gab es dann gleich zwei sich gegenüberliegende Türen. Beide waren mit "Bibliothek" beschriftet? Ich klopfte an der rechten Tür und öffnete sie, nachdem keine Antwort kam. Was ich sah, ließ mich die Anmerkung von Frau Ganni verstehen. Wirrwarr, Unordnung und Schmutz erwarteten mich. Hier und Hort stapelten sich Bücher vor den halbleeren Regalen. Die Tische,Stühle und Sessel standen wild im Raum verteilt. An der linken Wand jedoch fand ich eine Tür, deren Aufschrift darauf schließen ließ, dass sie zum Aussichtsplatz führte. Der Weg zwischen den beiden Türen war auch einigermaßen frei und schien häufiger benutzt zu werden als die Sitzmöglichkeiten des Zimmers.
Ich begab mich also zwischen den Bücherstapeln hindurch zur anderen Tür und öffnete sie. Eine Treppe dahinter führte sich windend nach oben. Nach ein paar Umdrehungen auf der Treppe stand ich erneut vor einer Tür und fand dahinter eine hölzerne, mit gepflegten Blumenkästen geschmückte Terrasse. An zweien der Kästen waren zwei Mädchen damit beschäftigt, alte Blüten zu entfernen, als ich auf die erhöhte Plattform hinaustrat. Der Ausblick auf Buckelstadt und das nördliche Auenland auf der einen Seite und in die Gebirgskette vor dem Südviertel auf der anderen Seite war atemberaubend schön.
So stand ich da und staunte, als eines der Mädchen mich bemerkte und seine Arbeit unterbrach, um mich anzustarren.
Ich erwiderte den Blick mit einem Lächeln und sagte, wie sehr mich der Anblick entzückte. Da wurde sie rot, weil sie es scheinbar auf sich bezogen hatte. Sie kicherte, flüsterte ihrer Freundin etwas zu, was diese auch zum Kichern und mich zum Rückzug veranlasste.

Wieder unten in der Bibliothek angekommen, wendete ich mich wieder hinaus auf den Flur und wollte die andere Bibliothekstür öffnen. Dies gelang mir jedoch nicht. Die Tür war verschlossen oder verrammelt oder klemmte.
So wand ich mich um und folgte dem Wegweiser zum Büro dem Thain. Ich klopfte. Keine Antwort. Ich drückte die Klinke nach unten. Nichts. Diese Tür war auch verschlossen.
Da öffnete sich aber die Tür daneben, welche mit Stellvertreter beschriftet war. Durch kleine zusammengekniffene Augen sah mich ein ältlicher Herr fragend an und sagte kein Wort. Ich stellte mich vor und erkundigte mich, ob die Stelle für die Ordnung und Sortierung der Bibliothek noch zu haben sei. Da entspannten sich seine Gesichtszüge ein wenig und mit einem Kopfnicken deutete er mir an, ihm in sein Amtszimmer zu folgen.
Er stellte sich als Archibald Tuk vor, Bürovorsteher des stellvertretenden Thain. Thain und Stellvertreter seien noch im "Karpfen" beim Mittagessen.
Ich fragte ihn, ob ich dann auf die Rückkehr der Herren warten solle. Er verneinte und reichte mir einen Vertrag über seinen Schreibtisch. Dieser war bereits vom Thain vorab unterzeichnet und wartete nur auf meine Unterschrift.
Der Vorsteher erklärte mir, er habe die Anweisung, dass der Erstbeste, der sich für diese Stelle interessiere, zu akzeptieren sei und stellte diesen Vertrag aus.
Ich las gründlich: Montag bis Freitag, Mittag bis Abend, linke Tür nicht betreten, da persönliches Archiv der Thain, Haus wird gestellt, Mittagessen eingeschlossen, reinigen, sortieren, ausgeben, ja, das alles verstand ich. Moment, Haus wird gestellt? Wirklich.
Ich blickte den Vorsteher an, dieser nickte nur. Haus wird gestellt. Großartig, eine Sorge weniger.

Vor diesem Haus sitze ich nun im Sonnenschein des letzten Oktobertages.
Natürlich unterzeichnete ich den Vertrag. Es gibt nicht viel Geld, doch das Haus allein wäre schon fast Bezahlung genug gewesen. Es war alt, doch ein wenig Farbe und Arbeit haben es in wenigen Tagen heimelig gemacht.
Die Arbeit erfreut mich. Ich lese und lerne viel über das Auenland und dessen Vergangenheit und Eigenarten.
Die Sonne schiebt sich eben hinter die Gipfel der Berge. Das Licht zum Schreiben wird schwächer. 
Ich werde nun mein Abendessen vorbereiten und den Tag mit der "Geschichte vom Bullenrassler" ausklingen lassen.


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© Danny Liebig